Hand am Herz

Thomas Schroeren

 

In der Ausstellung “Hand am Herz“ zeigt Thomas Schroeren die Werke, die er während der letzten drei Jahre geschaffen hat. In den Arbeiten vereinigt sich eine mystisch anmutende Materialität von Blattgold, Stoffen sowie tiefer und froher Farben mit Dingen, die das alltägliche Leben abwirft, zu objekthaften Gebilden. Thomas Schroeren installiert die einzelnen Arbeiten zu einer funkelnden Kammer, ähnlich den Grabstätten alter Könige. Bildtitel wie “Zürich“, “Tante Liesel“, “Louisa“, “Entscheidung“, “Das große Etwas“, “Biochemie“, “Schuld und Sühne“ und “2081“ deuten auf persönliche Erlebnisse hin und bilden Fixpunkte. Ein wiederkehrendes zeichnerisches Alphabet von rätselhaften Hieroglyphen, organischen Formen und Symbolen könnte vielleicht von Außerirdischen eines Tages vollständig entschlüsselt und verstanden werden. Die Handlungen des menschlichen Tuns bleiben in den Arbeiten sichtbar. Dadurch haftet ihnen auf den ersten Blick etwas Beiläufiges oder Verletzliches an. Da die Arbeiten in dieser Bewusstheit jedoch auch ihre Vollendung finden, strahlt eine Art Güte aus Ihnen. Jede Arbeit scheint zirkelschlussartig auf sich selbst und den Menschen zurückzuweisen. Sie könnten somit Akzeptanz und Liebe zum Ausdruck bringen. Die Arbeiten könnten zudem ein Hinweis auf unser kapitalistisch-demokratisches Leben sein, das sich nach Selbsterlösung sehnt. Sie könnte uns so Vorbild sein. Durch die Anerkennung seiner selbst und der Umstände kann Thomas Schroeren die menschliche Würde aus ihrem ungewissen Zustand befreien. Was in der Gleichzeitigkeit der Selbst-Auslöschung und Selbst-Erschaffung ans Licht tritt, ist das verborgene Sein unserer Zeit und das Herz seiner Existenz: Thomas Schroeren ist “König Gott Bienenfresser“.
(Henrik Stenson)

Eine kartesisch flache Welt der ewigen Gegenwart, ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, eine Orgie des Habens auf Kosten des Seins. Vom Künstler befähigt, begegnet der Betrachter dem Bild (“You know”) in der orthogonalen Erhabenheit und wird eines philosophischen Einblickes in die Natur des materiellen Besitzes gewahr. Gleich einem Biologen schaut man wie durch ein Mikroskop auf einen blutbeschmierten Objektträger mit Amöben, die untereinander um die Aufteilung dieser makabren Fläche streiten. Mit weißen Fadenkörpern umschließen sie derer unterschiedlich großen Stücke, nehmen eine oder andere triviale Form an und blähen sich auf die Maße des Verschlungenen auf. Der illusorische Charakter eines solchen „Eigentums“ offenbart sich den anderen Amöben nicht, zumal sie alle innerhalb einer und selben Fläche gefangen sind. Einer Theorie über das Phänomen der Zeit nach, sind Menschen in der vierten Dimension flach, weil ihnen allein die Ebene der Gegenwart, nicht aber die der Vergangenheit oder Zukunft unmittelbar zugänglich ist. Ebenso wenig vermag ein Mensch die pragmatische Frage nach dem Unsinn des quantitativen Eigentums, mit pragmatischen Mitteln zu beantworten. Erst beim Vorstoß in die höhere, moralische Dimension und der Gegenüberstellung des Habens und des Seins gelingt ihm der „Blick durch den Mikroskop“ auf sich selbst.Kraft der künstlerischen Expression, wird das wahre Verhältnis von Ego zum materiellen Besitz zur Schau gebracht. Gemäß der Amöben-Metapher, hat das Ego in Wahrheit überhaupt gar keinen Volumen, sondern besteht allein aus dem fragilen und empfindlichen weißen Nerv, auf den der innere Druck des von ihm umschlossenen Raumes umso stärker wirkt, je unersättlicher die Ego-Amöbe gewesen war. Die weiße Linie wird dünn, angespannt und starr, sowie der Mensch durch den Besitz nervös, unflexibel und manövrierunfähig wird, sobald er die Größe seines Eigentums versehentlich seiner eigenen Größe zurechnet.
(Anatoly Zamikhovksy)

 

 
Exhibition: 14.10 – 06.11.2016